
Aussehen
Der Geoffroy-Klammeraffe (Ateles geoffroyi) ist ein auffälliger Bewohner der mittelamerikanischen Regenwälder und besitzt den für Klammeraffen typischen schlanken, wendigen Körperbau. Seine langen Gliedmaßen ermöglichen es ihm, sich mit erstaunlicher Geschicklichkeit durch das Blätterdach zu bewegen. Besonders markant ist sein langer Greifschwanz, der bei Männchen bis zu 86 cm und bei Weibchen bis zu 75 cm lang werden kann – oft länger als der gesamte Körper.
Die Fellfarbe variiert stark und reicht von rötlichbraun über dunkelbraun bis hin zu fast schwarztönen. Charakteristisch sind seine dunklen Hände und Füße, die sich deutlich vom restlichen Fell abheben. Das Gesicht ist ebenfalls dunkel gefärbt und von kurzen Haaren bedeckt. Ein weiteres markantes Merkmal ist die lange Nackenbehaarung, die eine kammartige Struktur bildet und dem Affen ein unverwechselbares Erscheinungsbild verleiht.
Männchen sind mit einem Gewicht von 7,4 bis 9 kg etwas schwerer als Weibchen, die 6 bis 8 kg wiegen. Die Kopf-Rumpf-Länge kann bei Männchen bis zu 63 cm erreichen, während Weibchen etwas kleiner bleiben. Die insgesamt sehr variable Fellfärbung hat dazu geführt, dass verschiedene Unterarten des Geoffroy-Klammeraffen beschrieben wurden, die sich in Details der Färbung und Musterung unterscheiden.
Verbreitungsgebiet
Der Geoffroy-Klammeraffe ist der nördlichste Vertreter der Klammeraffen und kommt ausschließlich in Mittelamerika vor. Sein Verbreitungsgebiet reicht vom östlichen Mexiko über Guatemala, Belize, Honduras und Nicaragua bis nach Panama. Damit unterscheidet er sich von anderen Klammeraffenarten, die vor allem in Südamerika zu finden sind.
Er bewohnt eine Vielzahl von Waldtypen und ist nicht nur in Tieflandregenwäldern, sondern auch in laubwerfenden Trockenwäldern, Nebelwäldern und sogar Mangroven anzutreffen. Diese Anpassungsfähigkeit an verschiedene Waldformen unterscheidet ihn von anderen Arten der Gattung Ateles, die eher auf dichte Regenwälder angewiesen sind.
Obwohl sein Verbreitungsgebiet relativ groß ist, sind seine Bestände stark rückläufig. In vielen Regionen Mittelamerikas wurde sein Lebensraum durch Abholzung und menschliche Besiedlung stark fragmentiert, was zu einem dramatischen Rückgang der Populationen geführt hat.
Lebensraum
Der Geoffroy-Klammeraffe ist ein echter Spezialist für das Leben in den Baumwipfeln. Er verbringt fast sein gesamtes Leben in den höchsten Regionen des Waldes, wo er sich mit beeindruckender Geschicklichkeit fortbewegt. Sein Greifschwanz dient ihm dabei als fünfte Hand, mit der er sich sicher an Ästen festhalten kann.
Sein bevorzugter Lebensraum sind die tropischen Regenwälder der Tiefebenen, doch er kann auch in höheren Lagen bis zu 2.000 Metern vorkommen, besonders in feuchteren Nebelwäldern. Er passt sich gut an verschiedene Waldtypen an und ist in Regionen zu finden, in denen andere Klammeraffenarten nicht überleben würden.
Ein wichtiger Faktor für seinen Lebensraum ist die Verfügbarkeit von Früchten, die seine Hauptnahrungsquelle darstellen. Da sich sein Speiseplan an den saisonalen Schwankungen orientiert, durchstreift er große Gebiete auf der Suche nach Nahrung und kann täglich mehrere Kilometer zurücklegen.
Verhalten
Geoffroy-Klammeraffen sind hochsoziale Tiere, die in Gruppen von 16 bis über 40 Individuen leben. Ihre Sozialstruktur ist flexibel, da sich Gruppen oft in kleinere Untergruppen aufteilen, um effizienter Nahrung zu suchen. Dieses Fission-Fusion-System erlaubt es ihnen, sich an wechselnde Umweltbedingungen anzupassen.
Die Gruppenkommunikation erfolgt über laute, bellende Rufe, die sowohl zur Territoriumsmarkierung als auch zur Koordination der Gruppenmitglieder dienen. Besonders Männchen rufen oft, wenn sie sich der Reviergrenze nähern oder um Eindringlinge abzuschrecken.
Interessanterweise gibt es klare Geschlechterrollen innerhalb der Gruppen. Männchen dominieren das Sozialgefüge und bewegen sich oft in Gruppen an den Reviergrenzen, während Weibchen häufiger allein oder mit ihrem Nachwuchs unterwegs sind. Wenn Weibchen empfangsbereit sind, bilden sich kurzfristige Gruppen mit Männchen.
Ernährung
Geoffroy-Klammeraffen sind überwiegend Fruchtfresser. Eine Studie im guatemaltekischen Tikal-Nationalpark ergab, dass 84 % ihrer Nahrung aus Früchten besteht, wobei sie besonders süße, weiche Früchte bevorzugen. Der Brotnussbaum (Brosimum alicastrum) macht oft einen Großteil ihrer Ernährung aus.
Neben Früchten fressen sie auch Blätter, Blüten und gelegentlich Insekten. Besonders in Trockenzeiten, wenn das Früchteangebot knapp wird, steigt der Anteil an Blättern in ihrer Ernährung deutlich an.
Eine ungewöhnliche Vorliebe des Geoffroy-Klammeraffen sind leicht fermentierte Früchte, die geringe Mengen Alkohol enthalten. Forscher vermuten, dass diese Früchte einen höheren Brennwert haben und leichter aus der Ferne zu riechen sind, was den Affen bei der Nahrungssuche hilft.
Fortpflanzung
Die Fortpflanzung des Geoffroy-Klammeraffen ist langsam, was ihn besonders anfällig für Bedrohungen macht. Weibchen gebären nur etwa alle 32 bis 35 Monate ein einzelnes Jungtier. Die Tragzeit beträgt etwa 230 Tage.
Neugeborene haben zunächst ein schwarzes Fell, das sich erst nach einigen Monaten in die Erwachsenenfärbung verändert. Das Junge bleibt über zwei Jahre bei der Mutter und wird erst langsam entwöhnt. Weibchen bekommen ihr erstes Jungtier meist erst im Alter von sieben Jahren, und die Affen können ein Alter von bis zu 27 Jahren erreichen.
Natürliche Feinde
Obwohl der Geoffroy-Klammeraffe fast ausschließlich in den Baumkronen lebt, hat er mehrere natürliche Feinde. Der Harpyienadler, eine der größten Greifvogelarten der Welt, stellt eine erhebliche Gefahr dar. Auch Raubkatzen wie der Jaguar und der Ozelot können gelegentlich Affen erbeuten, wenn sie sich in niedrigeren Regionen des Waldes aufhalten.
Schlangen, insbesondere die Boa constrictor, sind ebenfalls eine Bedrohung, da sie regungslos in den Ästen lauern und blitzschnell zuschlagen können. Wie andere Klammeraffen reagieren Geoffroy-Klammeraffen auf Bedrohungen mit lauten Alarmrufen und einer schnellen Flucht durch das Blätterdach.
Gefährdung
Der Geoffroy-Klammeraffe ist stark gefährdet. Die Abholzung der Regenwälder für Landwirtschaft und Siedlungsbau hat sein Verbreitungsgebiet in den letzten Jahrzehnten drastisch verkleinert. Die IUCN stuft die Art als "stark gefährdet" (Endangered) ein, einige Unterarten sogar als "vom Aussterben bedroht" (Critically Endangered).
Neben der Lebensraumzerstörung ist auch die Jagd ein Problem, sowohl für den Wildfleischhandel als auch für den illegalen Heimtiermarkt. Schutzgebiete in Mexiko, Guatemala und Costa Rica sind wichtige Rückzugsorte für die verbliebenen Populationen, doch ohne weitere Maßnahmen könnte die Art in vielen Teilen ihres Verbreitungsgebiets bald verschwinden.