
Aussehen
Der Rotgesichtklammeraffe (Ateles paniscus) ist einer der größten Vertreter der Klammeraffen und besticht durch sein auffälliges, unbehaartes rötliches Gesicht, das ihm seinen Namen gibt. Sein restlicher Körper ist mit dichtem, tiefschwarzem Fell bedeckt, wodurch das Gesicht noch stärker zur Geltung kommt. Diese kontrastreiche Färbung ist ein einzigartiges Merkmal dieser Art.
Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von bis zu 63 cm und einem Schwanz, der bis zu 80 cm lang werden kann, besitzt der Rotgesichtklammeraffe eine beeindruckende Körpergröße. Männchen sind mit bis zu 11 kg etwas schwerer als Weibchen, die rund 9,5 kg wiegen. Sein schlanker, aber kräftiger Körperbau ist perfekt an das Leben in den Baumkronen angepasst.
Seine Gliedmaßen sind auffallend lang und dünn, was ihm eine außergewöhnliche Reichweite und Wendigkeit in den Baumkronen verleiht. Die Hände sind hakenförmig, da der Daumen stark reduziert oder fast nicht vorhanden ist – eine Anpassung, die das Hangeln durch das Blätterdach erleichtert. Sein Greifschwanz, der länger als sein Körper ist, ist an der Unterseite des hinteren Endes unbehaart, wodurch er noch mehr Kontrolle über seine Bewegungen hat.
Verbreitungsgebiet
Der Rotgesichtklammeraffe kommt ausschließlich in nordöstlichen Regionen Südamerikas vor. Sein Verbreitungsgebiet umfasst Guyana, Suriname, Französisch-Guayana und den Nordosten Brasiliens nördlich des Amazonas. Damit gehört er zu den wenigen Klammeraffenarten, die nicht in weiten Teilen Südamerikas verbreitet sind, sondern auf eine relativ begrenzte Region beschränkt bleiben.
Diese geografische Lage bedeutet, dass sein Lebensraum stark von den klimatischen Bedingungen und der Vegetation des Amazonasbeckens geprägt ist. Große Flüsse wie der Amazonas und seine Nebenflüsse bilden natürliche Barrieren, die seine Ausbreitung begrenzen. Da er nicht an offene Landschaften angepasst ist, bleibt er strikt auf dichte Waldgebiete beschränkt.
Lebensraum
Wie alle Klammeraffen ist der Rotgesichtklammeraffe ein reiner Baumbewohner, der sich fast ausschließlich in den höchsten Baumkronen der tropischen Regenwälder aufhält. Sein bevorzugter Lebensraum sind dichte Primärwälder, in denen er große, zusammenhängende Baumkronen vorfindet, die es ihm ermöglichen, sich mit Leichtigkeit von Baum zu Baum zu bewegen.
Er bevorzugt feuchte, tropische Tieflandregenwälder, die ihm nicht nur Nahrung, sondern auch Schutz vor Raubtieren bieten. Da er selten den Boden betritt, ist er auf intakte Waldgebiete angewiesen, in denen er sich ununterbrochen durch das Blätterdach bewegen kann. Fragmentierte Wälder oder Regionen mit großflächiger Rodung sind für ihn problematisch, da er große Streifgebiete benötigt.
Innerhalb seines Lebensraums bewegt er sich auf der Suche nach Nahrung täglich über weite Strecken und kann bis zu mehrere Kilometer am Tag zurücklegen. Seine hohe Beweglichkeit ist ein wichtiger Überlebensvorteil in seinem komplexen und artenreichen Lebensraum.
Verhalten
Der Rotgesichtklammeraffe ist ein hochsozialer Primat, der in Gruppen von etwa 20 bis 30 Individuen lebt. Diese Gruppen zeigen eine flexible Fission-Fusion-Dynamik, das bedeutet, dass sich die Tiere während der Nahrungssuche in kleinere Untergruppen aufteilen und sich zur Nachtruhe wieder zusammenschließen.
Besonders auffällig ist seine kommunikative Natur: Lautstarke Schreie werden genutzt, um anderen Gruppenmitgliedern ihren Aufenthaltsort mitzuteilen oder fremde Affen aus dem eigenen Gebiet fernzuhalten. Diese Schreie sind weithin hörbar und helfen dabei, in den dichten Wäldern den Kontakt innerhalb der Gruppe zu halten.
Seine Fortbewegung ist eine Mischung aus Schwinghangeln (Brachiation), Klettern und Springen. Dabei nutzt er seinen kräftigen Greifschwanz als zusätzliche Hand, um sich an Ästen festzuhalten oder frei hängend nach Nahrung zu greifen. Seine Fähigkeit, mit nur einer Gliedmaße oder dem Schwanz zu hängen, ist beeindruckend und ermöglicht es ihm, sich besonders geschickt durch das Geäst zu bewegen.
Ernährung
Der Rotgesichtklammeraffe ist ein Fruchtliebhaber, dessen Nahrung überwiegend aus reifen Früchten besteht. Diese machen den Großteil seiner Ernährung aus und liefern ihm die nötige Energie für sein aktives Leben in den Baumkronen.
In geringem Maße nimmt er auch Blätter, Blüten und andere Pflanzenteile zu sich. Diese werden vor allem dann gefressen, wenn nicht genügend Früchte zur Verfügung stehen. Seine Nahrungssuche erfordert täglich lange Streifzüge, da er bestimmte Bäume zu bestimmten Jahreszeiten aufsucht, wenn deren Früchte reif sind.
Fortpflanzung
Die Fortpflanzung des Rotgesichtklammeraffen ist an die Regenzeit zwischen November und Februar gekoppelt. In dieser Zeit bringen die Weibchen nach einer Tragzeit von etwa 7,5 Monaten ein einzelnes Jungtier zur Welt.
Das Neugeborene bleibt zunächst ständig am Körper der Mutter, die es in den ersten Monaten auf dem Bauch trägt. Später klammert es sich an ihren Rücken und beginnt, langsam seine Umgebung zu erkunden. Die Entwöhnung erfolgt nach etwa einem Jahr, aber das Jungtier bleibt oft noch länger in der Nähe der Mutter.
Mit etwa drei bis vier Jahren erreicht der Rotgesichtklammeraffe die Geschlechtsreife. Da Weibchen nur selten Nachwuchs bekommen und lange Geburtenabstände haben, kann sich die Population nur langsam erholen – ein wesentlicher Faktor für seine Gefährdung.
Natürliche Feinde
Obwohl der Rotgesichtklammeraffe durch seine Lebensweise in den Baumkronen relativ sicher ist, gibt es einige Raubtiere, die ihm gefährlich werden können. Der Harpyienadler ist einer der größten Feinde, da er sich auf Affen als Beute spezialisiert hat und aus großer Höhe lautlos zuschlägt.
Auch Raubkatzen wie der Jaguar und der Ozelot können zur Bedrohung werden, wenn die Affen sich in niedrigeren Baumregionen aufhalten. Große Würgeschlangen wie die Boa constrictor lauern ebenfalls auf Gelegenheiten, um Affen zu erbeuten.
Gefährdung
Der Rotgesichtklammeraffe wird von der IUCN als "gefährdet" (Vulnerable) eingestuft. Der Hauptgrund für seine Bedrohung ist die Zerstörung seines Lebensraums durch Abholzung und landwirtschaftliche Nutzung. Da er auf intakte Primärwälder angewiesen ist, machen ihn diese Veränderungen besonders anfällig.
Zusätzlich wird er in einigen Regionen wegen seines Fleisches gejagt. Die Kombination aus niedriger Fortpflanzungsrate und Lebensraumverlust hat dazu geführt, dass seine Population in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen ist.